Meinhard II.

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Siehe auch Meinhard II. (Görz).
Meinhard II., Graf von Tirol und Görz, Herzog von Kärnten (historisierender Stich aus dem 18. Jahrhundert)

Meinhard (* um 1239; † um 30. Oktober 1295 in Greifenburg) aus dem Geschlecht der Meinhardiner war (als Meinhard IV.) Graf von Görz (1258–1271) und (als Meinhard II.) Graf von Tirol (1258–1295), Herzog von Kärnten (1286–1295), sowie Pfandherr des Herzogtums Krain und der Windischen Mark. Der Stammvater der Linie Tirol-Görz war einer der bedeutendsten Fürsten des 13. Jahrhunderts und gilt als der Begründer Tirols als eigenständiges Land.

Leben und Wirken

Meinhard war der Sohn des Grafen Meinhard I. von Görz und dessen Frau Adelheid, Tochter von Graf Albert III. von Tirol. Diese Ehe war mit entscheidend für den Erwerb der Grafschaft Tirol (im damaligen Umfang) durch die Görzer, da Graf Albert III. keinen männlichen Nachfolger hatte und Adelheids Schwester Elisabeth ca. 1256 kinderlos verstarb.

Ab 1253 war Meinhard zusammen mit seinem jüngeren Bruder Albert (I.) auf der Burg Hohenwerfen in Geiselhaft des Salzburger Erzbischofs Philipp von Spanheim. In diese missliche Lage waren die Brüder im Austausch für ihren gefangenen Großvater Albert III. gekommen, nachdem dieser und ihr Vater eine Auseinandersetzung gegen den Erzbischof verloren hatten. 1259 kam Meinhard frei und konnte das Erbe des im Jahr davor gestorbenen Vaters antreten. Zwischenzeitlich hatte die Mutter Adelheid von Tirol die Geschäfte geführt, die ein eigenes Siegel hatte. Graf Albert I. kam erst im Jahr 1261 frei. Am 4. März 1271 teilten die Brüder auf Schloss Tirol die weitverstreuten Besitzungen und Rechte auf: Meinhard übernahm die Grafschaft Tirol, die sich seinerzeit noch im Vinschgau und Engadin erstreckte, sein Bruder erhielt die Besitzungen in Friaul, Istrien, Kärnten und im Pustertal.[1] 1276–1279 übernahm Meinhard die Landeshauptmannschaft in Kärnten.

Meinhard hatte am 6. Oktober 1259 Elisabeth von Bayern geehelicht, die zehn Jahre ältere Witwe des römisch-deutschen Königs Konrad IV. Diese war die Mutter des letzten legitimen Staufers, Konradin. Jener galt als aussichtsreicher Prätendent auf den Kaiserthron. Als Konradin 1267 nach Italien zog, um das staufische Erbe in Süditalien anzutreten, unterstützte Meinhard seinen Stiefsohn lediglich mit Weggeleit und Geld. Konradin wurde bei seinem Italienzug am 23. August 1268 in der Schlacht bei Tagliacozzo von Karl von Anjou entscheidend geschlagen und im Oktober 1268 in Neapel hingerichtet.

Meinhard unterstützte in der Folge Rudolf I. von Habsburg, dem er seit dem Italienzug freundschaftlich eng verbunden war, in der Auseinandersetzung mit König Ottokar II. von Böhmen und wurde dafür 1286 zum Reichsfürsten erhoben und mit dem Herzogtum Kärnten belehnt. Zuvor war zur Festigung des Bündnisses die Verehelichung ihrer beiden Kinder beschlossen worden: Meinhards Tochter Elisabeth heiratete Albrecht I., den deutschen König von 1298 bis 1308, und wurde zur Stammmutter aller späteren Habsburger. Durch diesen Ehebund fiel späterhin Tirol an Habsburg.

Um 1270 bis 1280 ließ er bei Pfronten die für damalige Zeit mächtige Burg Falkenstein errichten als ein Zeichen seines Machtanspruchs gegenüber den Herzögen von Bayern.

Meinhard erwarb, teils durch politische, teils durch kriegerische Aktion, etliche weitere Territorien. So kaufte er am 17. Mai 1284 (Murnau) dem Grafen Gebhard VII. von Hirschberg[2], Sohn von Gebhard VI. aus dessen zweiter Ehe mit Sophia von Bayern, alle Besitzungen im Inntal ab.[3] Diese waren aus der ersten kinderlosen Ehe von Gebhard VI. mit der Tochter Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol an die Hirschberger gekommen. Später besiegte er die Herren von Enn und kaufte auch den Grafen von Eschenlohe-Hertenberg und den Herren von Salurn ihre Güter ab. Meinhard war ein Machtmensch, der seine Interessen häufig rücksichtslos durchsetzte. Die Fürstbistümer Trient und Brixen unterstellte er seiner Gerichtsbarkeit, daher gilt er als der eigentliche Begründer des Landes Tirol (formal kamen diese Territorien erst 1803 an Tirol). Er führte eine moderne, auf bezahltem Beamtentum (den Familiaren, oft nichtadligen Leuten) – anstatt Lehensherrschaft – gegründete Verwaltung ein. Er schuf Gerichtsbezirke und ein straffes Steuerwesen. Ab 1286 ist auch die Abfassung eines eigenen deutschsprachigen, wenngleich nur fragmentarisch überlieferten Tiroler Landrechts bezeugt, was als Hinweis auf die abgeschlossene Territorialisierung des meinhardinischen Herrschaftsbereichs zu werten ist.[4]

Adlergroschen Meinhards II.

Weite Verbreitung fand der von Meinhard in Meran geprägte Adlergroschen (Grosso aquilino auch Aquilini grossi) im oberitalienischen Wirtschaftsraum mit einer Reihe von Nachahmungen. Noch bedeutender wurde der ab ca. 1271 in Meran gefertigte Kreuzer oder Zwainziger (entsprach wertmäßig zwanzig Bernern), der später nach Einführung durch Kaiser Friedrich III. in Österreich die dortige Entwicklung des Münzwesens mitprägte. Die seit 1280 geführten Tiroler Raitbücher (Rechnungsbücher) gehören zu den bedeutendsten Dokumenten der Landesgeschichte.

Gemeinsam mit seiner Gemahlin hatte Meinhard 1272 das Zisterzienserkloster Stams in Tirol gestiftet, wo er 1295 beigesetzt wurde. Seine bereits am 9./10. Oktober 1273 verstorbene Frau Elisabeth wurde nach Einweihung der Stiftskirche im November 1284 in diese überführt. Eine weitere Ehe Meinhards ist nicht bekannt.

  • Stiftergrab vor dem Hochaltar der Stiftskirche in Stams
    Stiftergrab vor dem Hochaltar der Stiftskirche in Stams
  • Grabplatte der Stifter Mainhard II. und Elisabeth
    Grabplatte der Stifter Mainhard II. und Elisabeth
  • Statuen von Meinhard II. und Elisabeth im Österreichischen Grab in der Stiftskirche in Stams
    Statuen von Meinhard II. und Elisabeth im Österreichischen Grab in der Stiftskirche in Stams

Nachkommen

  • Albert II. von Tirol und Görz († 24. April 1292), heiratete 1281 Agnes von Hohenberg († nach September 1293), Tochter Albrechts von Hohenberg und Nichte von König Rudolf I.
  • Elisabeth (um 1262–1313), heiratete 1274 Albrecht von Habsburg, als Albrecht I. deutscher König
  • Otto (um 1265–1310), Graf von Görz und Tirol, Herzog von Kärnten und Krain
  • Agnes († 14. Mai 1293), heiratete 1286 Friedrich I. von Meißen
  • Heinrich (um 1270–1335), Herzog von Kärnten, Herzog/Markgraf von Krain, Graf von Tirol, König von Böhmen und Titularkönig von Polen
  • Ludwig († 1305)

Des Weiteren hatte Meinhard II. zahlreiche außereheliche Nachkommen:

  • Friedrich, Dompropst von Brixen († 13. März 1333), mit Anna von Reichenberg verheiratet
  • Heinrich, Graf von Eschenloch († 1349)
  • Albrecht von Camian und Forst, Burggraf von Tirol († 1335/36), mit Floridiana (Siguna) von Schlandersberg verheiratet
  • und weitere zehn uneheliche Kinder mit bis dato unbekannten Frauen

Literatur

  • Oswald Zingerle: Meinhards II. Urbare der Grafschaft Tirol (Fontes rerum Austriacarum. 2. Abt., Band 45/1). Wien: Tempsky 1890 (Digitalisat).
  • Eines Fürsten Traum – Das Werden Tirols. Ausstellungskatalog der Tiroler Landesausstellung auf Schloss Tirol und in Stift Stams, Dorf Tirol-Innsbruck 1995.
  • Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Kitab-Verlag, Klagenfurt 2000. ISBN 3-902005-04-1
  • Wilhelm Baum: Meinhard II.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 668 (Digitalisat).
  • Christoph Haidacher: Die älteren Tiroler Rechnungsbücher. Analyse und Edition. 3 Bde. Innsbruck: Tiroler Landesarchiv 1993–2008.
  • Alfons HuberMeinhard II. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 229–231.
  • Hermann Wiesflecker: Meinhard der Zweite. Tirol, Kärnten und ihre Nachbarländer des 13. Jahrhunderts (Schlern-Schriften 124). Wagner, Innsbruck 1995. ISBN 3-7030-0287-5
  • Hermann Wiesflecker: Die Regesten der Grafen von Görz und Tirol, Pfalzgrafen in Kärnten. I. Band, Innsbruck 1949 sowie II. Band, Innsbruck 1952.
  • Philipp Jedelhauser: Die Abstammung von Bischof Bruno von Brixen, Graf von Kirchberg (ILLER) mit Exkurs zu Gräfin Mathilde von Andechs, Ehefrau von Graf Engelbert III. von Görz sowie Stammtafel der Grafen von Görz. In: Adler, Zeitschrift für Genealogie und Heraldik, 28. Band, Wien April/September 2016, S. 277–341, zu Meinhard II. von Tirol S. 288f. (Nach Quellen kommentierte Stammtafel der Grafen von Görz S. 322).
  • N. Bauer u. a., Friedrich von Schröter (Hrsg.): Wörterbuch der Münzkunde. Berlin 1970, S. 33 und 324.
  • Philipp Jedelhauser: Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes, in: Adler – Zeitschrift für Genealogie und Heraldik, 30. Band, April/September 2020, Heft 6–7, Wien 2020, S. 281–312.
Commons: Meinhard, Herzog von Kärnten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Literatur von und über Meinhard II. im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Von Meinhard II. bis zur Herrschaft der Habsburger, Rudolf Fallmann auf geschichte-tirol.com
  • Stammbaum (der Grafen) von Görz aus dem Haus der Meinhardiner, auf genealogy.euweb.cz

Einzelnachweise

  1. Werner Köfler: Teilungsvertrag zwischen den Brüdern Graf Meinhard II. und Graf Albert II., 4. März 1271. Faksimile mit Begleittext, Teilpublikation bei Tirol-Edition des Archiv Verlag, Wien o. J. [2000];
    Teilungsvertrag zwischen den Brüdern Meinhard IV. und Albert II. von Görz@1@2Vorlage:Toter Link/wwwg.uni-klu.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Meinrad Pizzinini in KULT.DOKU: Verborgene Schätze aus österreichischen Landesausstellungen, uni-klu.ac.at/kultdoku.
  2. siehe Wikipedia „Grafen von Grögling-Hirschberg“ mit Belegen zu Tiroler Besitz.
  3. Hermann Wiesflecker: Die Regesten der Grafen von Tirol und Görz, Herzöge von Kärnten. II. Band, 1. Lieferung: Die Regesten Meinhards II. (I.) 1271-1295. Innsbruck, Wagner 1952, Nr. 419, S. 113, Murnau, 1284 Mai 17; Original: Österreichisches Staatsarchiv Wien, HHStA UR AUR 1905; entscheidend war der vorausgehende Schiedsspruch von König Rudolf in Ulm: Wiesflecker II. wie oben, Nr. 348, S. 96, Ulm, 1282 Mai 26.
  4. Hannes Obermair: Il notariato nello sviluppo della città e del suburbio di Bolzano nei secoli XII–XVI. In: Il notariato nell'arco alpino. Produzione e conservazione delle carte notarili tra medioevo e età moderna (Studi storici sul notariato italiano, Bd. XVI). Milano: Giuffrè, 2014. ISBN 978-88-14-20379-4. S. 293–322, Bezug S. 307 (mit Abbildung des einzigen überlieferten Landrechtsartikels auf S. 320).
VorgängerAmtNachfolger
Rudolf I.Herzog von Kärnten
1286–1295
Otto (III.), Heinrich (VI.), Ludwig
Meinhard I.Graf von Tirol
1258–1295
Otto (I.), Heinrich (II.), Ludwig
Meinhard (III.)Graf von Görz
1258–1271
Albert I.

Ulrich Graf von Heunburg | Ulrich von Dürrenholz | Ulrich von Taufers | Heinrich Graf von Pfannberg | Meinhard Graf von Görz-Tirol | Cholo von Saldenhofen | Konrad von Aufenstein | Ulrich Graf von Pfannberg | Johann Graf von Pfannberg | Friedrich von Aufenstein | Johann Ribi von Lenzburg (Bischof von Gurk) | Konrad I. Kraiger von Kraigk | Meinhard Graf von Görz-Tirol | Ulrich von Liechtenstein | Konrad II. Kraiger von Kraigk | Otto von Ehrenfels | Rudolf Graf von Sulz | Rudolf von Liechtenstein | Rudolf Graf von Sulz | Konrad III. Kraiger von Kraigk | Jörg von Hallegg (Landesverweser) | Lienhard von Harrach (Landesverweser) | Siegmund Kreuzer (Landesverweser) | Konrad IV. Kraiger von Kraigk | Jakob Székely | Ulrich von Weißpriach | Veit Welzer | Christoph Freiherr von Khevenhüller | Christoph Freiherr von Thanhausen | Georg Freiherr von Khevenhüller | Johann Graf von Ortenburg | Georg Graf von Nogarol | Christoph David Graf von Urschenbeck | Georg Sigmund Freiherr von Paradeiser | Georg Andre Freiherr von und zu Kronegg | Johann Karl Fürst von Porcia | Sigmund Helfried Graf von Dietrichstein | Franz Andrä Graf von Orsini-Rosenberg | Sigmund Friedrich Graf von Khevenhüller | Johann Peter Graf von Goëss | Hannibal Alphons Fürst von Porcia | Sigmund Rudolf Graf von Wagensberg | Wolf Sigmund Graf von Orsini-Rosenberg | Johann Anton Graf von Goëss | Johann Gottfried Graf von Heister | Franz Anton Graf von Khevenhüller-Metsch | Vinzenz Graf von Orsini-Rosenberg | Philipp Graf von Welsberg | Joseph Graf von O’Donell | Franz Joseph Graf von Wurmbrand | Johann Graf und Herr zu Brandis | Peter Graf von Goëss | Ferdinand Freiherr von Ulm | Joseph Camillo Freiherr von Schmidburg | Joseph Freiherr von Krufft | Maria Hieronymus Graf von Platz | Joseph von Sterneck und Ehrenstein


Nachfolger: Statthalter Johann Nepomuk Freiherr von Schloissnigg

Normdaten (Person): GND: 118782908 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no95059632 | VIAF: 3266919 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Meinhard II.
ALTERNATIVNAMEN Meinhard IV. von Görz und Tirol
KURZBESCHREIBUNG Tiroler Fürst und Begründer Tirols als eigenständiges Land
GEBURTSDATUM um 1239
STERBEDATUM um 30. Oktober 1295
STERBEORT Greifenburg