Walzenschrämlader

Ein Walzenschrämlader der neueren Generation.
Walzenschrämlader im Einsatz in einem Versuchsstreb, Blick auf die voreilende Walze.
Schrämwalzendenkmal in Schmelz (Saar).

Als Walzenschrämlader oder kurz Walzenlader bezeichnet man im Steinkohlenbergbau eine Abbaumaschine in einem Streb.[1] Sie werden im Bergbau in der schneidenden Gewinnung eingesetzt.[2] Der Walzenschrämlader hat eine mehr als 100- jährige Entwicklungsgeschichte.[3] Durch den Einsatz von Walzenschrämladern ist eine vollmechanisierte Gewinnung möglich.[4] Neben dem Einsatz im Steinkohlenbergbau wurden Walzenschrämlader vereinzelt auch im Kalibergbau eingesetzt.[5]

Geschichte

Bereits im Jahr 1912 wurde ein britisches Patent auf eine Walzenschrämmaschine erteilt. Ein weiteres Patent folgte im Jahr 1929. Diese Patente wurden jedoch nicht in die Praxis umgesetzt, da darin eine Verbesserung zu einem Walzenschrämlader nicht vorgesehen war. Die erste Kohlengewinnungs- und Lademaschine wurde im Jahr 1925 von der Maschinenfabrik Knapp aus Wanne-Eickel gebaut. Kurze Zeit später wurde diese Maschine von der Firma Knapp mit einem Schrämrahmen ausgerüstet. Aufgrund ihrer technischen Unvollkommenheit brachte diese Maschine jedoch nicht den gewünschten Erfolg und die Bergbautreibenden verloren ihr Interesse daran. Im Jahr 1934 wurde der erste Schrämlader in Großbritannien benutzt. Im deutschen Bergbau kam im Jahr 1938 der sogenannte Eiserne Bergmann auf der Zeche Rheinpreußen zum Einsatz. Fast zeitgleich mit dem Eisernen Bergmann wurden mehrere Gewinnungs- und Lademaschinen entwickelt. Diese Maschinen hatten als Basis eine Schrämkette und Löseaggregate, die die unterschrämte Kohle aus dem Verband lösten. Sie zogen auch eine Ladevorrichtung nach, die die Kohle in den Strebpanzer lud.[6] Im Jahr 1942 wurde der Prototyp eines Schrämladers der Firma Eickhoff auf der Zeche Jacobi getestet. Diese Maschine war eine Kombination einer Kettenschrämmaschinen mit einer höhenverstellbaren Stangenschrämmaschine und einem Querförderer. Die Maschine zog sich mit einer integrierten Seilwinde am Kohlenstoß entlang. Dabei wurde der Stoß von den vorlaufenden Schrämarm unterschnitten. Das von der Schrämstange im Hangenden hereingewonnene Material rutschte über eine vorstehende Prallplatte in den Querförderer. Ob diese als „Eiserner Heinrich“ bezeichnete Maschine über den Prototypstatus hinauskam, ist nicht bekannt, über weitere Einsätze als den auf der Zeche Jacobi ist ungewiss.[7] Ab dem Beginn der 1950er Jahre kamen zunehmend neue Entwicklungen von Walzenschrämladern auf den Markt.[6] So konstruierte die Fima Eickhoff einen ersten Walzenschrämlader, der auf der Grundidee der als Dauerwühler bekannten Kettenschrämmaschine mit mehreren Schrämketten basierte und mit Walzen statt Ketten ausgestattet war.[5] Walzenschrämlader fanden ab Anfang der 1970er Jahre als Gewinnungsmaschinen bei der vollmechanischen schneidenden Gewinnung im Bergbau Verbreitung.[8]

Entwicklungen

Der erste konventionelle Walzenschrämlader war mit einer starren Schrämwalze ausgestattet. Um die Maschine zu bewegen, war sie mit einer Seilwinde, später mit einer Kettenwinde bestückt. Für den Einsatz in mächtigen Flözen wurde er mit zusätzlichen Schneideeinrichtungen ausgerüstet. Diese Schneideeinrichtungen dienten dazu, die von der starren Walze unterschrämte Kohle zu zerteilen und hereinzugewinnen. Ein angehängter Kastenräumer fungierte als zusätzliche Schneideinrichtung; bei späteren Modellen wurde er durch einen angehängten Portalräumer ersetzt. Bei diesen Maschinentypen war die einseitige Arbeitsweise nachteilig, die es erforderlich machte, zusätzlich zur Gewinnungsfahrt eine Räumfahrt einzulegen. Dadurch ging Gewinnungszeit verloren. Außerdem konnte bei Einzelstempelausbau der Ausbau erst nach der Räumfahrt eingebracht werden, was sich wiederum nachteilig auf das Hangende auswirkte. Als nächste Modifikation wurde am Walzenschrämlader mit starrer Walze eine Hobelanlage angebracht. Sie diente als zweite Gewinnungseinrichtung, wodurch die Kohle in beiden Fahrtrichtungen des Walzenschrämladers abgetragen werden konnte. In einem Walzenschnitt wurde so Oberkohle bis zum Hangenden mit der Schrämwalze und die Unterkohle bis zum Liegenden mit dem Hobel hereingewonnen. Die Räumfahrt konnte dadurch entfallen und der Strebausbau zeitnah eingebracht werden. Weitere Veränderungen waren Walzenschrämlader mit zwei innenliegenden Schwenkwalzen, später mit außenliegenden Schwenkwalzen.[6] Eine weitere Entwicklung waren sensorgesteuerte Walzenschrämlader, die unter Mithilfe von Sensoren die Grenze zwischen Kohle und Gestein erkennen können.[2]

Aufbau

Ein Walzenlader besteht aus einem Maschinenschlitten mit eingebautem elektrischem Antrieb, dem Schrämmotor für die Schrämwalzen und dem Vortrieb.[9] Die Schrämwinde wird hydraulisch betrieben und über ein Kettenrad mittels Ketten angetrieben.[6] Der Walzenschrämlader lässt sich auch hin- und herbewegen, ohne dass sich die Schrämwalze dreht.[10] Bei modernen Walzenschrämladern befinden sich die Schrämwalzen an den Enden der Tragarme, die an beiden Enden des Getriebegehäuses beweglich angeflanscht sind.[11] Die Walzentragarme enthalten eine Zahnräderkaskade zur Kraftübertragung auf ein Planetengetriebe. Durch das Planetengetriebe wird die Schrämwalze angetrieben. Die Höhenverstellung des Walzentragarmes erfolgt über Hydraulikzylinder.[1] Es gibt aber auch Walzenschrämlader, bei denen die Antriebsmotoren für die Schrämwalze in den Walzentragarm integriert ist. Als Motoren werden wassergekühlte Drehstrommotoren mit einer Leistung von bis zu 230 Kilowatt eingesetzt. Der Vortrieb der Maschine erfolgt ebenfalls über einen eigenen Elektromotor, der über ein Getriebe auf die am Panzerförderer befindliche Triebstockverzahnung wirkt. Hier kommen Gleichstrom-Nebenschlussmotoren zum Einsatz. Die Motoren sind ebenfalls wassergekühlt und haben eine Leistung von bis zu 25 Kilowatt. Die Marschgeschwindigkeit der Maschine liegt je nach Typ bei bis zu 650 Metern pro Stunde. Das Gewicht eines Walzenschrämladers beträgt bis zu 50 Tonnen. Die elektrische Versorgung erfolgt über ein Schleppkabel, dieses wird zusammen mit dem Wasserversorgungsschlauch in einer Kabelschleppkette seitlich am Förderer geführt.[6] Sämtliche Steuerungen und die Hydraulik befinden sich im allseitig geschlossenem Gehäuse des Walzenschrämladers.[12]

Betrieb

Im Betrieb fährt die Maschine im bis zu 450 Meter langen Streb hin und her.[2] Dabei wird der Walzenschrämlader zwischen Hauptantrieb und Hilfsantrieb hin- und hergefahren,[ANM 1] während gleichzeitig die Kette des Kettenkratzförderers im Obertrum in Richtung Hauptantrieb bewegt wird.[13] Der Bergmann unterscheidet dabei die beiden Schneidzustände Walze schneidet in Kohle und Walze schneidet in Nebengestein.[14] Im Optimalfall schneidet die sich jeweils am vorderen Ende der Maschine befindliche Schneidwalze aus dem Hangenden des Flözes einen Kohlenstreifen heraus, während die nacheilende Walze das Liegende hereingewinnt.[2] Pro Arbeitsgang kann bis zu ein Meter Kohleflöz abgebaut werden. Der Antrieb zur Vertikalbewegung erfolgt über elektrisch angetriebene Zahnräder, die in eine am Kettenförderer montierte Zahnstange (Triebstock) eingreifen. Der entstehende Kohlenstaub wird durch Wasser niedergeschlagen, das über Düsen an den Walzentragarmen und den Schneidwalzen versprüht wird. Die hereingewonnene Kohle fällt auf den Kettenförderer, der dann die Kohle zum Förderband in der Fußstrecke transportiert. Die installierte elektrische Leistung eines Walzenschrämladers kann bis zu 500 Kilowatt betragen, wegen des großen Arbeitsweges wird die Maschine im Normalfall über eine Fernsteuerung bedient.[6] Im Gegensatz zum Kohlenhobel wird der Walzenlader meist in Flözen größerer Mächtigkeit von bis zu 6,8 Metern eingesetzt.[3] Je nach Walzenlader-Schnittverfahren[ANM 2] fahren moderne Walzenschrämlader mit einer Marschgeschwindigkeit von 45 Metern pro Minute.[11] Die marktführenden Hersteller von Walzenladern sind die Gebr. Eickhoff Maschinenfabrik und Eisengießerei in Bochum und Caterpillar (nach der Übernahme der Firma Bucyrus International), in der zuvor die Deutsche Bergbau Technik (DBT) (ehemals Gewerkschaft Eisenhütte Westfalia) in Lünen aufgegangen war.[15]

Einzelnachweise

  1. a b Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  2. a b c d Wirtschaftsvereinigung Bergbau e.V.: Das Bergbau Handbuch. 5. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1994, ISBN 3-7739-0567-X, S. 46, 153, 167.
  3. a b Ulrich Lange: Walzenlader-Strebbau-Simulation. Genehmigte Dissertation an der Fakultät für Georessourcen und Materialtechnik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Aachen 2019, S. 25–27, 30–33, 37–39.
  4. Horst Roschlau, Wolfram Heintze: Bergmaschinentechnik. Erzbergbau - Kalibergbau. Mit 333 Bildern und 54 Tabellen, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1977, S. 200.
  5. a b Klaus Hinrichs: Hartmetall im Bergbau beim Bohren, Schrämen und Hobeln. Mit 104 Abbildungen. Springer-Verlag GmbH, Berlin / Heidelberg 1956, S. 118, 119.
  6. a b c d e f Heinz Kundel: Kohlengewinnung. 6. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Glückauf-Betriebsbücher, Band 6, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1983, ISBN 3-7739-0389-8, S. 21, 22, 108–121, 127–131.
  7. Fritz Pamp: Die Zeche Jacobi; Ihre Entwicklung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. In: Osterfelder Bürgerring. (Hrsg.): Der Kickenberg, Osterfelder Heimatblatt. Nr. 24, Walter Perspektiven GmbH, Oberhausen September 2012, ISSN 1864-7294, S. 4–6.
  8. Ernst-Ulrich Reuther: Einführung in den Bergbau. 1. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1982, ISBN 3-7739-0390-1.
  9. Heinz M. Hiersig (Hrsg.): VDI-Lexikon Maschinenbau. VDI-Verlag GmbH. Düsseldorf 1995, ISBN 978-3-642-63378-2, S. 1053–1055.
  10. Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Erster Band, 10. Auflage, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1961.
  11. a b Heinrich Otto Buja: Ingenieurhandbuch Bergbautechnik, Lagerstätten und Gewinnungstechnik. 1. Auflage, Beuth Verlag GmbH Berlin-Wien-Zürich, Berlin 2013, ISBN 978-3-410-22618-5, S. 332–336.
  12. Patentanmeldung DE4410133A1: Walzenschrämlader. Angemeldet am 24. März 1994, veröffentlicht am 28. September 1995, Anmelder: Ruhrkohle AG, Erfinder: Otfried Louis et al.
  13. Asam Gacka: Innovatives Antriebssystem mit niedriger TCO für Hochleistungsstrebe im untertägigen Steinkohlenbergbau. In: Georg Jacobs (Hrsg.). Antriebstechnisches Kolloquium ARK 2017. Tagungsband, Aachen 2017, Herstellung und Verlag Books on Demand, Norderstedt, ISBN 978-3-7431-4897-0, S. 348.
  14. Stephan Forster: Konzeption für ein Sensor- und Steuerungssystem zur automatischen Führung eines Walzenschrämladers entlang der Grenzlinie von Kohle und Nebengestein. Mit 63 Abbildungen. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 1993, ISBN 978-3-540-57159-9, S. 23.
  15. cnbc.com, CNBC: Caterpillar to Buy Bucyrus in $8.6 Billion Deal, 15. November 2010.
Commons: Walzenlader – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Bild eines Walzenladers im Einsatz, hier die nacheilende Walze (zuletzt abgerufen am 14. Dezember 2012)
  • Animation eines Walzenschrämladers im Streb (zuletzt abgerufen am 14. Dezember 2012)
  • Walzenschrämlader im Einsatz. (Video) (abgerufen am 13. September 2011)

Anmerkungen

  1. Der Hauptantrieb wird in der Regel mit zwei Antrieben und der Hilfantrieb mit nur einem Antrieb ausgestattet. Wird der Walzenschrämlader in Richtung Hauptantrieb bewegt, bezeichnet der Bergmann dieses als Talfahrt bezeichnet. Wird er hingegen zum Hilfantrieb bewegt, bezeichnet man dieses als Bergfahrt. Dieses Bezeichnungen rühren daher da sich der Walzenschrämlader bei Einfallen des Strebs entweder bergab (Talfahrt) oder bergauf (Bergfahrt) gefahren wird. (Quelle: Asam Gacka: Innovatives Antriebssystem mit niedriger TCO für Hochleistungsstrebe im untertägigen Steinkohlenbergbau. In: Georg Jacobs (Hrsg.). Antriebstechnisches Kolloquium ARK 2017.)
  2. Bei den Walzenlader-Schnittverfahren unterscheidet man zwischen Teilschnitt und Vollschnitt. (Quelle: Ulrich Lange: Walzenlader-Strebbau-Simulation.) Beim Teilschnitt wird nur mit einer Schrämwalze geschnitten und somit nur der Teil der Flözmächtigkeit der dem Durchmesser der Schrämwalze entspricht (Quelle: Stephan Forster: Konzeption für ein Sensor- und Steuerungssystem zur automatischen Führung eines Walzenschrämladers entlang der Grenzlinie von Kohle und Nebengestein.) Beim Vollschnitt wird mit beiden Walzen eines Doppelwalzenladers geschnitten und somit die gesamte Flözmächtigkeit hereingewonnen. (Quelle: Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon.)