Asemwald

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Wappen von Stuttgart
Wappen von Stuttgart
Asemwald
Stadtteil von Stuttgart
Karte
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Koordinaten 48° 43′ 34″ N, 9° 11′ 36″ O48.7269.1932Koordinaten: 48° 43′ 34″ N, 9° 11′ 36″ O
Fläche 0,142 km²
Einwohner 1562 (31. Mai 2020)
Bevölkerungsdichte 11.000 Einwohner/km²
Postleitzahl 70599
Vorwahl 0711
Stadtbezirk Plieningen
Quelle: Datenkompass Stuttgart (PDF; 1,4 MB)

Asemwald ist ein Stadtteil von Stuttgart im Stadtbezirk Plieningen auf der Filderebene im Süden der Landeshauptstadt. Die dortige Großwohnanlage ist auch unter dem Spitznamen Hannibal bekannt.

Seit 1. Januar 2001 bilden die Stadtteile Hohenheim, Chausseefeld, Plieningen und Steckfeld mit Asemwald den Stadtbezirk Plieningen.

Der Asemwald-Komplex aus der Ferne

Asemwald besteht vorwiegend aus drei großen Wohnhochhäusern im Birkacher Feld und Wald. Die Wohnkomplexe bildeten gemäß Bauentwurf, Baugenehmigungsunterlagen und entsprechenden Bauausführungen Ende der 1960er Jahre das Neubauprojekt Wohnstadt Asemwald zur Reduzierung der damals herrschenden Wohnraumnot. Die Fertigstellung der Wohnstadt Asemwald erfolgte im Jahr 1972. So ein Wohngebäude besitzt neben zwei Untergeschossen und dem Erdgeschoss darüber 22 Wohnetagen bis zum Penthouse, aber auch zu jeder Wohneinheit notwendigen Parkhausraum, da solcher für über 1100 Wohneinheiten mit geschaffen werden musste. Zu Infrastrukturmaßnahmen für die Errichtung der Wohnstadt Asemwald gehörte selbstredend die verkehrstechnische Erschließung inklusive nötiger Versorgungsmedien, aber auch ein Ladenzentrum und Dienstleistungsgewerbe, Restaurants, Spiel- und Sportplätze und sogar ein öffentliches Schwimmbad oben in einem der Wohnkomplexe.

Entstehung der Wohnstadt Asemwald

Der Asemwald in der Bauphase

Die Wohnstadt Asemwald gehört zu den großen Projekten zur Schaffung von Wohnraum in der Nachkriegszeit. Das ursprüngliche Konzept der Architekten Otto Jäger und Werner Müller sah Ende der 1950er Jahre für die geplante Anzahl von Wohnungen für fast 4.000 Menschen ein einzelnes durchgängiges Gebäude mit 650 Meter Länge und 50 Meter Höhe vor, das eines der größten Wohngebäude Europas geworden wäre. Die Stadt Stuttgart war bereits in dieser Zeit ein wirtschaftlich aufstrebendes Zentrum, und bezahlbarer Wohnraum für Arbeiter und Angestellte war eine elementare Voraussetzung für einen nachhaltigen Aufschwung, zumal Stuttgart im Zweiten Weltkrieg weit über 70 Prozent seines Wohnraumes durch Bombenangriffe verloren hatte.Das Projekt Asemwald wurde auf politischer Ebene maßgeblich vom damaligen Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett vorangetrieben. Auch sein Baubürgermeister Walter Hoss förderte das Vorhaben und konnte während des 10-jährigen Planungsprozesses und mehrerer Planungsvarianten mit dazu beitragen, dass der ausnehmend langgestreckte Einzelbau zunächst abgeknickt und dann zweigeteilt wurde, bis er schließlich seine heutige Dreiteilung erhielt. Neben siedlungsrelevanten Überlegungen wurden zur Beurteilung der Baubarkeit der Varianten auch eingehende Windkanaltests durchgeführt.

Nach der Absage mehrerer Bausparkassen konnten die Architekten Otto Jäger und Werner Müller Anfang der 1960er Jahre die Neue Heimat Baden-Württemberg als Bauherr für das städtebauliche Experiment gewinnen. Schwerpunkte, die besondere Beachtung beim Projekt Asemwald fanden, waren:

  • Schaffung stadtnahen Wohnraumes zur Linderung der Wohnungsnot
  • Verbesserung des Wohnstandards
  • Entwicklung städtischer Strukturen mit vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten sowie Erholungs- und Freizeiteinrichtungen
  • Wirtschaftliches und preiswertes Wohnungsangebot durch die rationalisierte Verwendung von möglichst vielen, exakt gleichen Betonfertigteilen
  • Im Vergleich zu Einzelhäusern niedrige Grundstücks- und Erschließungskosten
  • Eine gleichwertige Alternative zur zunehmenden Zersiedelung
  • Schonung des vorhandenen Waldbestandes und Einbeziehung der Naturlandschaft
  • Drei zweigeschossige Tiefgaragen unter den Außenanlagen
  • Jeder Bewohner sollte im Aufzug direkt vor seine Wohnung fahren können

Das im November 1967 eingereichte Baugesuch umfasste:

  • Drei Hochhäuser, eines mit 21 und zwei mit 23 Geschossen
  • Insgesamt 1.143 Wohnungen für rund 3.600 Bewohner
  • Mindestens 70 Prozent Verkauf an in Stuttgart Ansässige oder hier Beschäftigte

Nach zehn Jahren Planung und Projektierung wurde die Wohnstadt nach vier Jahren Bauzeit 1972 mit insgesamt 90.906 Quadratmeter Wohnfläche fertiggestellt, realisiert auf einer überbauten Fläche von nur 10.829 Quadratmetern. Die drei Gebäude stehen in versetzter, verschattungsfreier Anordnung: zwei Gebäude mit Nord-Süd- und eines, 90 Grad gedreht, mit Ost-West-Ausrichtung. Magdalena Scholz schreibt in ihrer Abeit "Die Kontroverse der Wohnstadt Stuttgart Asemwald ": "Letztlich konnten Jäger und Müller ihre jahrelang entwickelten Ideen der Stadt im Hochhaus bei Rationalisierung der Architektur (...) umsetzen. Zwar geschah dies nicht mit ihren ursprünglichen Entwürfen, trotzdem haben die Architekten eine Wohnstadt geschaffen, die die Idee der dörflichen Struktur in einem Gebäudekomplex umsetzt. Durch die enge Zusammenarbeit der Architekten mit der Politik und dem Bauträger kann man von einem Gemeinschaftsprojekt sprechen."

Gebäudeplanung

Aussicht aus einer Wohnung der Wohnstadt in Richtung Möhringen

Maßgeblich zum Erfolg der Wohnstadt Asemwald trug auch die intelligente Planung des Gebäudes bei. Die Fassaden der Längsseiten wurden bei der Planung mit zwei sehr unterschiedlichen Ausführungen entwickelt: Eine eher geschlossene Ausbildung findet sich auf den zu den Straßen hin orientierten Funktionsseiten mit außenliegenden Fluchttreppenhäusern, Aufzügen und den Arbeits- oder Schlafzimmern der Wohnungen, die sich über die gesamte Tiefe erstrecken. Hier ist eine durchgehend strukturierte Fassadengestaltung mit ausgeprägten Vor- und Rücksprüngen zu erkennen. Die durchgängigen Brüstungsbänder an jeder Etage bilden eine klare horizontale Rhythmisierung im menschlichen Maßstab. Somit sollte die Wucht der Gebäude gemindert werden. Dagegen sind die Fassaden der Wohnseiten sehr offen ausgebildet mit Aussicht nach Westen (Gebäude B und C) und Süden (Gebäude A). Die Offenheit der Fassaden lässt sich besonders nach einbrechender Dunkelheit ablesen, wenn durch die in den Wohnungen eingeschalteten Beleuchtungen ein heiteres Farbenspiel entsteht. Aufgrund ihrer Ausrichtung weg von den Straßen sind die Wohnseiten schwer von außen einsehbar und vermitteln den Bewohnenden ein ausgeprägtes privates Wohngefühl – trotz der außergewöhnlichen Größe der Wohnstadt Asemwald. Der direkte Blick aus dem Fenster auf den Wald in den unteren Etagen, über die Baumwipfel hinweg in den mittleren oder die Sicht in die Ferne in den oberen Bereichen vermittelt ein angenehmes Gefühl der Zurückgezogenheit, die durch den markanten, auskragenden Sichtschutz aus Betonfertigteilen noch verstärkt wird. Die einheitliche Farbgestaltung der textilen Sonnenschutzelemente in Orange bildet ein markantes Merkmal des Asemwaldes besonders in den sonnigen Jahreszeiten. Die Stirnseiten dagegen sind komplette Waschbetonfassaden – ein typischer Baustoff dieser Jahre, der an den Längsfassaden glücklicherweise sonst nur noch als schmales Band an den oberen Gebäudekanten eingesetzt wurde. Besonders hervorzuheben sind die beiden nach Süden ausgerichteten Stirnseiten (Gebäude B und C), bei der die Wohnqualität der dort angesiedelten Wohnungen mit großzügigen Loggien deutlich gesteigert wurde.

Der Asemwald bei Nacht, gut sichbar die nahezu vollständig offen gestaltete Fassade

Die komplette Eingangsfläche im Erdgeschoss ist ausschließlich für gemeinschaftlich genutzte Bereiche vorgesehen: Waschküchen mit Trockenräumen, Fahrrad- und Müllräume sowie die Erschließungszonen. Jeweils zwei Häuser teilen sich einen Eingang.

Brunnen im Zentrum der Wohnstadt

Die Innenwände sind im originalen 70er-Jahre-Stil gestaltet, mit kräftigen Farblinien auf olivfarbenem Grund. Die Muster und Linienfarben variieren individuell in jedem Eingangsbereich. Die Betonflächen der Aufzugsschächte und Fluchttreppen sind in leuchtendem Orange bzw. Gelb gestrichen. In allen Eingängen gibt es einen möblierten, offenen Aufenthaltsbereich mit einem runden Tisch als Treffpunkt und Büchertauschplatz, der bis heute rege genutzt wird. Jedes Haus hat einen Doppelaufzug, der als "vertikale Dorfstraße" dient und Gelegenheit für kurze Nachbarschaftsgespräche bietet, was das Gemeinschaftsgefühl stärkt. In jeder Etage befinden sich nur drei Wohnungseingänge. Der gemeinsame Bereich ist durch die von den Nachbarn gemeinsam gestaltete Wand- und Bodengestaltung individuell gestaltet. Diese Aufteilung in kleine Einheiten führt trotz der Größe der Anlage zu einem Gemeinschaftsgefühl ohne anonymes Wohnen, was sich von anderen Hochhausanlagen unterscheidet. Dies hängt mit der architektonisch anspruchsvollen Gestaltung zusammen, durch die es keine sozialen Brennpunkte gibt. Bei den Wohnungen gilt das Prinzip des Durchwohnens. Die größeren Wohnungen erstrecken sich über die gesamte Gebäudetiefe und bieten Ausblicke in zwei Himmelsrichtungen. Die kleineren Wohnungen in der Mitte haben nur einen Ausblick, da Aufzüge und Treppenhaus einer Erschließung auf beiden Fassadenseiten entgegenstehen.


Der Außenbereich zwischen den Gebäuden zeichnet sich durch eine parkähnliche Gestaltung aus. Im Zentrum, etwa am Mittelpunkt de drei Gebäude, gibt es eine morden gestaltete Brunnenanlage mit Sitzmöglichkeiten. Weiter finden sich Wiesen, Rasenflächen sowie bepflanzte Beete und beschnittene Hecken. Der Weg zu allen Häusern ist vollständig überdacht, so kann jedes Gebäude der WEG auch bei schlechter Witterung trocken erreicht werden.

Asemwald heute

Bis heute erfreut sich der Asemwald großer Beliebtheit und ist ein positives Gegenbeispiel zu zahlreichen Großsiedlungen, welche mit sozialen Problemen zu kämpfen haben. Schlüssel hierfür ist die durchdachte, hochwertige Planung sowie die Tatsache, dass es sich ausschließlich um überwiegend selbstgenutzte Eigentumswohnungen handelt. Bis heute weißt de Asemwald die mit Abstand höchste Eigentumsquote der Stadt Stuttgart auf, diese lag 2012 bei 80,2 %; konkret bedeutet dies, dass 80 % in Eigentumswohnungen wohnen und nur 20 % Mieter sind. Die Bewohner legen bis heute großen Wert auf ein gemeinsames Leben und Aktivitäten wie Konzerte, Spieleabende und das eigene Magazin "Asemwald Intern" fördern den Zusammenhalt. Der Asemwald zeigt mit die stärkste Beharrungstendenz in Stuttgart, die Bewohner leben überdurchschnittlich lange dort, was sich wiederum auf die hohe Lebensqualität zurückführen lässt. Die verhältnismäßig alte Bevölkerung verjüngt sich derzeit leicht, da wieder jüngere Familien in den Asemwald ziehen.

Es existieren bis heute zahlreiche Arbeitskreise bzw. Vereine sowie Aktivitäten, die das Zusammenleben und den Zusammenhalt der Bewohner stärken:

  • TC Asemwald, Tennisclub
  • Umweltschutzverein Asemwald
  • Asemwald Intern, ein hauseigenes Mitteiliungsblatt, das vierteljährlich erscheint
  • zahlrieche Arbeitskreise zu diversen Themen wie Literatur, Religion und Architektur
  • Verwaltungsbeirat der Wohnstadt Asemwald
  • Jährlich stattfindendes Brunnenfest
  • Musikfeste, etwa das Jazzfest

Besonderheiten der Wohnstadt Asemwald

Wohnblock, rechts im obersten Geschoss das Panoramabad, links das Restaurant

Die Wohnstadt Asemwald wurde von Beginn an als hochwertige Anlage geplant und zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus:

Tennisclub Asemwald (TC Asemwald)

Der TC Asemwald ist ein Tennisclub innerhalb der Wohnanlage mit 5 Kunstrasenplätzen sowie einem Clubhaus mit eigener Gastronomie. Der Tennisclub befindet sich im Eigentum der WEG Asemwald und wird an den TC Asemwald vermietet. Er befindet sich umgeben vom Wald auf Tiefgaragen der Wohnstadt Asemwald.

Panoramabad mit Sauna

Ein Highlight ist das öffentlich zugängliche Panoramabad mit Saunabereich und Massageräumen. Es befindet sich in einem der Hochhäuser im 22. Stockwerk und bietet einen einzigartigen Panoramablick auf den Stuttgarter Fernsehturm, die Schwäbische Alb und den Flughafen Stuttgart. Vorgelagert ist eine große Sonnenterrasse sowie ein Saunabereich. Das Panoramaband ist sowohl für Bewohner als auch für Besucher geöffnet.

Bella Vista Sky Restaurant

Im obersten Stockwerk eines der Hochhäuser befindet sich das Restaurant "Bella Vista Sky" (auch "Miladys" genannt), das einen beeindruckenden Rundumblick über Stuttgart bietet.

Asemwald aus der Ferne, eingebettet in den Wald

Barrierefreie Infrastruktur

Die Wohnstadt verfügt über eine gute Infrastruktur mit Geschäften für den täglichen Bedarf wie Supermarkt, Bäckerei, Bank, Friseur und Ärzten - alles barrierefrei erreichbar. Auch betreutes Wohnen ist möglich. Diese Barrierefreiheit war von Beginn an Teil des Konzeptes der Wohnstadt Asemwald. Aufgrund dieser baulichen Besonderheit erfreut sich der Asemwald auch bei älteren Menschen großer Beliebtheit.

Einkaufsmöglichkeiten

Von Beginn an sollte die Wohnstadt Asemwald eine gewisse Autarkie aufweisen, so gibt es eine kleine Ladenpassage mit Supermarkt, Frisör, Bäcker, Bank und weiteren Geschäften des täglichen Bedarfs; auch gibt es ein Fitnessstudio, ein Solarium sowie eine Außengastronomie.

Privatwald

Die drei Blöcke werde von einem Wald umringt, welcher ebenfalls zur WEG gehört. Gepflegt wird dieser durch die Gemeinschaft. Im Wald ist ein Weg zum spazieren angelegt, es gibt zahlreiche Sitzmöglichkeiten, einen kleinen Spielplatz, Tischtennisplatten, einen Trimm-Dich-Pfad. Im Wald gibt es einen informellen Platz, welcher nach dem Schauspieler und Bewohner des Asemwaldes, Dietz-Werner Steck, "Bienzle" benannt wurde. Hinter dem Wald schließt das Birkacher Feld an.

Weitere Einrichtungen

Gemeindezentrum

Es existiert weiterhin ein ökumenisches Gemeindezentrum, ein Kindergarten, ein Spielplatz, eine Bocciabahn, ein Bolzplatz sowie ein Amphitheater. Auf den Dächern der Häuser befinden sich teilweise Panoramaterrassen, welche durch die Bewohner genutzt werden können. Im Eigentum der WEG stehen weiterhin mehrere Wohnungen; jedes Haus hat ein Hausmeisterbüro; bei Problemen können sich die Bewohner an diesen wenden. Weiterhin hat die Hausverwaltung ebenfalls ein Büro direkt in der Wohnstadt Asemwald. Für Besucher stehen entlang der Häuser zahlreiche Parkplätze zur Verfügung.

Prominente Bewohner

Belletristik

  • Carin Chilvers: Tod im Asemwald – Privatdetektivin R. Volk, Kriminalroman, 2011, SWB-Verlag Stuttgart, ISBN 978-3-942661-02-7
  • Website der Wohnstadt Asemwald
Normdaten (Geografikum): GND: 7747177-5 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 247453091